-->Kapitel<--
eidmar Münze Detailansicht
Denar Start

Warum

Praegung

Mittel zum Zweck

Propaganda

Blüte des Denars

Bilder Sammlung
E-Test Denar

Porträt Porträt
Freiheit Pilleus Libertas

Bezug zur Münze





Für die Freiheit! M. Brutus und L. Brutus

Auf der Vorderseite der Münze ist das Porträt des Marcus Iunius Brutus dargestellt und unmittelbar über seinen Kopf ist die Abkürzung „BRVT“ geschrieben. Da das cognomen Brutus nicht ausgeschrieben ist und allein, ohne Angabe von praenomen und nomen gentile steht, ist davon auszugehen, dass die Abkürzung für die römischen Erstbenutzer der Münze, d.h. wohl die Soldaten der Armeen der Caesarmörder, für das Verständnis genügte. In der Tat hätten die meisten Römer das Kürzel BRVT mit einer ganz bestimmten Person assoziiert, war doch M. Iunius Brutus zur Symbolfigur der Caesarmörder geworden. Im Namen steckte bereits eine ideologische Botschaft.
Tatsächlich verweist diese Abkürzung nicht nur auf Marcus, sondern auch auf dessen vermeintlichen Vorfahr, Lucius Iunius Brutus, dem in der Erinnerung der Römer eine äußerst wichtige Rolle bei der Entstehung der Republik zugesprochen wurde. Dieser Tradition nach soll L. Brutus um 509 v. Chr. den König Tarquinius Superbus gestürzt und damit das Volk von dessen Tyrannis befreit haben. Diese Tat wurde von den Römern als Befreiungsakt (lat. libertas) gesehen und wurde als solcher verherrlicht[1]. Der römische Senator und Historiker Tacitus brachte es zu Beginn seiner Annales auf die eingängige Formel: „Die Freiheit (libertas) und die Konsulatsverfassung (consulatus) führte L. Brutus ein“.[2]
Im Jahre 509 v. Chr. soll Lucius einer der ersten beiden Konsuln der römischen Republik gewesen sein[3]. Für die Römer galt er als Freiheitsheld und Identifikationssymbol, da er seinem eigenen Ideal der Freiheit bis zum ehrenvollen Tod im Kampf für die Freiheit und Unabhängigkeit der Römischen Republik treu blieb und verteidigte[4].
Jedoch wurde schon damals in Frage gestellt, ob Marcus Iunius Brutus tatsächlich von Lucius Iunius Brutus abstammte, da Lucius Brutus seine beiden Söhne der Tradition n ach hinrichten ließ, da diese zusammen mit den Tarquiniern die Wiederherstellung der alten Königsherrschaft planten. Aus diesem Grund war es ungewiss, ob Lucius Brutus noch Nachkommen hatte. Stattdessen wurde angenommen, dass die Vorfahren von Marcus Brutus einer plebejischen Familie entstammten, die denselben Namen trug wie die ausgestorbenen patrizischen Bruti[5]. Die Bruti gehörten jedenfalls seit dem 3. Jh. v. Chr. zu den führenden Familien in Rom. Ungefähr zu dieser Zeit muss Lucius Iunius Brutus mit der Gründung der Republik in Verbindung gebracht worden sein[6]. Obwohl die Historizität des Lucius Brutus und die überlieferten Erzählungen von der modernen Forschung in Frage gestellt werden, verbanden die Römer vielzählige verfassungsrechtliche und religiöse Tätigkeiten mit Lucius Brutus. Dies geschah gewiss, um die politischen und religiösen Entscheidungen mit der Autorität seiner Person zu versehen[7]. Die Erzählungen zu Lucius Iunius Brutus, der in der römischen Tradition als erster Republikaner und Tyrannenmörder galt, wurden nicht zuletzt von Angehörigen der Iunii Bruti im Geschichtsbewusstsein der römischen Bevölkerung wachgehalten.
Den Ruhm seines Vorfahren nutzte auch Marcus Iunius Brutus – lange bevor er zum „Tyrannenmörder“ wurde. Dies wird für uns in den Quellen klar greifbar, da Brutus im Jahre 54. v. Chr. einer der Münzmeister (tresvir monetalis) war. In dieser Funktion bestimmte er über die Ikonographie der von ihm in Auftrag gegebenen Münzen.
Unter diesen Typen, deren Motive mitunter auf den imperatorischen Prägungen der Jahre 43-42 v. Chr. wiederbegegnen, sind vor allem 2 Typen von Interesse. Brutus ließ einen Denartyp prägen, der zwei seiner Vorfahren zeigte. Auf der Vorderseite war L. Iunius Brutus abgebildet und auf der Rückseite C. Servillius Ahala[8].

Ahala hatte im Jahr 439 v. Chr. Spurius Maelius getötet und so dessen Alleinherrschaft verhindert. Auf Ahala konnte sich Brutus über das Geschlecht seiner Mutter Servilia zurückführen[9]. Hier wurden somit zwei Gestalten der römischen Geschichte abgebildet, die eng mit dem republikanischen Freiheitsideal verbunden waren. Das Motiv der Freiheit (libertas)steht im Mittelpunkt der anderen Prägung. Hier ist auf dem Avers der Kopf der Libertas dargestellt, während auf dem Revers eine Personengruppe mit der Beischrift BRVTVS zu erkennen ist. Hiermit ist wohl die dritte Figur von links angesprochen. L. Iunius Brutus L. Iunius Brutus schreitet als Consul zwischen zwei Liktoren nach 1., ihnen voran geht ein Amtsdiener (accensus).

Indem Brutus diese Bilder auf die Münzen setzte, folgte er einer Tradition, die sich im 2. Jh. v.Chr. herausgebildet hatte. Seit dieser Zeit dienten die geprägten Münzen auch der Verherrlichung der Verdienste der führenden Familien und der Förderung von politischen Zielen. Münzmeister, die das Amt bekleideten, beriefen sich somit auf ihre Abstammung, dem sie Amt und Einfluss verdankten. M. Brutus verfolgte mit seinen Münzprägungen auch dieses Ziel und beabsichtigte, sich als vielversprechenden Nachkommen zu positionieren[10]. Die Münzen sind darüber hinaus vielleicht ein Beleg dafür, dass Marcus sich seinen Vorfahren so verpflichtet fühlte, dass seine spätere Stellung als Tyrannenmörder fast „zwangsläufig“ war[11]. Hier mag auch eine Rolle spielen, dass er von seinem Onkel Cato, der ihn erzogen hatte, auch in die Gedankenwelt der Stoa eingeführt worden war, zu deren Prinzipien der Tyrannenhass gehörte[12]. Der Kampf gegen die Alleinherrschaft Caesars stellte vor dem Hintergrund seiner Familiengeschichte quasi eine Verpflichtung für Brutus dar[13].
Nach seinem Münzmeisteramt ging M. Brutus jedoch zunächst als Quaestor nach Cilicia und machte sich danach in Rom vor Gericht einen Namen und beteiligte sich an der römischen Politik[14]. In den folgenden Jahren und bis zu den Iden des März vermochte es M. Brutus dann, das, was gegensätzlich erscheint, miteinander zu kombinieren. Einerseits hatte er, nachdem er im Bürgerkrieg auf der Seite des Pompeius gestanden hatte, unter Caesar durchaus eine beeindruckende Karriere. Andererseits bekannte er sich offen zur Republik und distanzierte sich vom Dictator. So setzte er sich demonstrativ für die Gegner Caesars ein[15]. Im Jahre 46 v. Chr. veranlasste er nach Catos Selbstmord dessen Verherrlichung. Er bat Cicero darum, eine Schrift zu Ehren Catos zu verfassen und übernahm offen die politische Verantwortung dafür[16]. Zudem ließ er sich von seiner Frau scheiden und heiratete dann Catos Tochter. Diese Botschaft wurde wohl verstanden und fand unter den Optimaten Zustimmung. M. Brutus hatte hiermit nochmal provokativ zur Schau gestellt, dass er Republikaner war. Dieses Verhalten entsprach dem Familienmythos, den er besonders hütete.[17]
Doch erst mit der Errichtung der Diktatur auf Lebenszeit kam es zwischen Brutus und Caesar zum endgültigen Bruch. Die Beteiligung des M. Brutus an der Verschwörung gegen Caesar war von großer Bedeutung für den weiteren Ablauf. Brutus ging es dabei offensichtlich nicht primär um die eigene Karriere, denn er hatte zuletzt ja duchaus in der Gunst des Dictators gestanden. Mithilfe seiner herausgehobenen sozialen und politischen Position gelang es ihm, sich eine führende Rolle zu sichern und entscheidenden Einfluss auf die Zielsetzung und die Ausführung der Verschwörung auszuüben.[18]
M. Brutus betrachtete sich zum einen selber als Verteidiger der Libertas, denn für ihn wurde die angebliche Befreiungstat seines Vorfahren L. Brutus zu einer bindenden Verpflichtung. Zum anderen wurde M. Brutus auch von anderen Personen als Verfechter der Freiheit gesehen. So wurde er etwa, als er im Herbst 44 nach Athen kam, als Tyrannenmörder gefeiert[19]. Nach Plutarchs Darstellung erwarteten die anderen Caesarmörder, dass M. Brutus es als seine Erbpflicht erachte, die Alleinherrschaft Caesars zu beseitigen[20]. Es verwundert daher nicht, dass die Verbindung zwischen M. Brutus und L. Brutus auch auf den imperatorischen Münzen begegnet, wobei L. durch die Legende explizit als erster Consul angesprochen wird.

Mit L. Brutus ist zudem auch die Darstellung des Apollon sowie verschiedener apollinischer Symbole auf den Münzen der Caesarmörder zu verbinden.

Mit dieser apollinischen Symbolik, die, wie in diesen beiden Beispielen, mit Sieg ebenso wie mit Freiheit verbunden wird, wurde nämlich offenbar auch auf eine alte römische Tradition angespielt, der zufolge Apollon dem L. Brutus schon mit einem Orakelspruch in Delphi die „Herrschaft“ und somit die Verantwortung für das römische Volk übertragen hatte. Der delphische Gott war daher die Gottheit der Familie der Bruti und des M. Brutus, der seiner Meinung nach dafür bestimmt war, ein zweites Mal die Republik zu retten[21].
Die zentrale Bedeutung der schlagwortartigen Nennung des Brutus auf der EID Mar-Münze erschließt sich insofern nur durch konsequente Verortung im historischen Kontext.


1. Vgl. Welwei, S. 48.

2. Tac. ann. 1,1,1: Vrbem Romam a principio reges habuere; libertatem et consulatem L. Brutus instituit.

3. Vgl. Weisser, S.51.

4. Vgl. Welwei, S. 48.

5. Vgl. Plut. Brut. 1,7-10.

6. Vgl. Welwei, S. 50.

7. Vgl. Weisser, S. 52.

8. Hollstein, W., Die stadtrömische Münzprägung der Jahre 78-50 v. Chr. zwischen politischer Aktualität und Familienthematik, München 1993, 340-345.P> 9. Vgl. Orthmann, S. 466.

10. Vgl. Weisser, S. 52

11. Vgl. Weisser, S. 63.

12. Vgl. Orthmann, S. 467.

13. Vgl. Orthmann, S. 466.

14. Vgl. Gotter, S. 217.

15. Vgl. Gotter, S. 219.

16. Vgl. Plut. Caesar, 54.

17. Vgl. Gotter, S. 219.

18. Vgl. ebd. S. 226.

19. Vgl. Orthmann, S. 471.

20. Vgl. Plut. Brut. 1,7-10.

21. Vgl. ebd., S. 63.