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Welche politische Botschaft wurde mit dem Porträt vermittelt?

Zentral für eine politische Interpretation des Münzporträts ist die Frage, inwiefern es in dieser Zeit „normal“ war, dass lebende Personen auf Münzen dargestellt wurden. Für die römische Republik ist dies für die meiste Zeit klar mit einem klaren „nein“ zu beantworten. Zwar hatten die Adelsfamilien seit langer Zeit Geschichten und Personen präsentiert, die ihre Stellung betonten. Dies tat etwa auch Brutus, als er BRVT: 54 v.Chr. Münzmeister war. Lebende Personen wurden jedoch nicht dargestellt. Das Prägen des Porträts von lebenden Menschen stellte vielmehr lange ein Spezifikum der Monarchien des Ostens dar, die in der Nachfolge König Alexanders des Großen entstanden waren.

Alexander prägte noch nicht sein Porträt, was in dieser Zeit auch für Könige ganz unüblich gewesen wäre, sondern den jugendlichen Herakles – also einen Gott – auf seine Tetradrachmen. Das ist für griechische Münzen ganz typisch und ist auch lange Zeit für römische Münzen kennzeichnend. Nach Alexanders Tod wurde sein Porträt jedoch von den Diadochen zur Legitimierung ihrer Herrschaft auf ihre Münzen gesetzt. Erst nachdem diese ihrerseits den Königstitel (306/5 v.Chr.) angenommen hatten, ließen sie sich auf Münzen abbilden. Diese Praxis setzte sich unter ihren Nachfolgern fort (im Einzelnen gibt es freilich große Unterschiede zwischen den einzelnen Dynastien). Mit ihrem Porträt standen sie als Garant der Integrität des Reiches sowie des Wertes der Münzen ein.

Der erste Römer der auf Münzen erschien, war der Feldherr T. Quinctius Flamininus. Es handelt sich hier aber um griechische Münzen, die anlässlich seines Erfolgs gegen König Philipp V. von Makedonien bei Kynoskephalai geprägt wurden. Die Münze, die im Stil makedonischer königlicher Prägungen gehalten ist, datiert wohl in das Jahr 196. [1]

Erst 150 Jahre später sollte ein Römer zu Lebzeiten auf Münzen erscheinen und es ist kein Zufall, dass dies C. Iulius Caesar, der ‚Totengräber‘ der Republik war.

Dass der Senat Caesar damit ehrte, sein Porträt auf Münzen zu setzen,[2] war wohl kein dezidiert königliches Privileg, war aber doch ganz unrepublikanisch und Ausdruck von der „außerordentlichen persönlichen Machtposition“, die Caesar als dictator besaß [3]. Faktisch hielt damit aber die hellenistische Herrscherprägung in Rom Einzug.[4] Dass die Triumvirn auch ihr Porträt auf Münzen setzten, überrascht angesichts ihrer Bestrebungen, die Nachfolge Caesars anzutreten, kaum.

Auf dieser Münze des Marcus Antonius ist dieser Anspruch klar formuliert, denn sein Porträt erscheint auf der Vorderseite, der verstorbene Dictator auf der Rückseite. C. Octavius („Octavian“) wurde später zum ersten römischen Kaiser Augustus und prägte ganz selbstverständlich sein Porträt auf Münzen. Seine Nachfolger taten es ihm gleich.



In der Beschreibung der EID MAR-Münze durch Cassius Dio, die Sie anfangs auf der Startseite gelesen haben,[5] spielt das Porträt des Brutus keine Rolle, denn Dio lebte im 2./3. Jh. in einer Welt, die an Kaiserporträts gewöhnt war. Daher kommentiert er dieses Element nicht weiter. Aus heutiger Sicht erscheint es aber bemerkenswert, dass ausgerechnet der Republikaner Brutus ein solch unrepublikanisches Bildmotiv verwendete.

Wie ist Brutus nun gerade im Vergleich zu Caesar dargestellt? Brutus sind keinerlei Attribute beigegeben. Sein Haar ist in kurzen Strähnen in die Stirn gestrichen. Ein sprießender Bart bedeckt Oberlippe, Wange und Kinn. Caesar trägt dagegen einen Kranz, der ihn besonders auszeichnet, aber ganz unterschiedlich interpretiert worden ist.[6] Auf anderen Münzen des Brutus, die seine Sieghaftigkeit in den Mittelpunkt stellen, wird ihm ein Lorbeerkranz beigegeben Er trägt diesen aber nicht. Dafür trägt Brutus aber einen Bart. Das ist für diese Zeit ganz unüblich. Daher handelt es sich um ein weiteres ikonographisches Element: vermutlich einen Trauerbart.[7] Wir kennen nun einige Münzen, auf denen Antonius und Octavian mit Trauerbart gezeigt werden.

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Die Bedeutung ist hier recht klar: Trauer um Caesar. Antonius war ein enger Vertrauter Caesars gewesen und Consul von Caesars Gnaden im Jahr 44. Octavian berief sich bei seinem Staatsstreich wesentlich auf Caesar, da Octavian als Adoptivsohn Caesars durch soziale Konventionen zur Rache an den Mördern seines „Vaters“ verpflichtet war.Die Botschaft ist im Falle des Brutus weniger deutlich. Um was trauert er? Vermutlich nicht um die res publica als solche, denn um diese kämpfen Cassius und er ja (zumindest stellen sie es so dar); daher ist es wohl Trauer um den Zustand des Bürgerkriegs. [8]

Für uns wichtiger ist aber der Umstand, dass er überhaupt sein Porträt prägen ließ, ein Umstand, der erst durch konsequente Einordnung in den historischen Kontext als Problem erkannt werden kann. Durch seinen berühmten Vorfahren L. Iunius Brutus wurde M. Iunius Brutus, der den Vorfahren auch gezielt zur Selbstdarstellung als eingefleischter Republikaner nutzte, zur Identifikationsfigur der Caesarmörder. Es ist für uns aber paradox, dass Brutus auf der Münze, die auf der Rückseite auf die Iden des März, also die Ermordung des Tyrannen, anspielt, gleichzeitig durch sein Portrait indirekt einen Bezug zum hellenistischen Herrscherbild, jedenfalls aber zu Caesar und seinen Anhängern herstellt. Man hat dies unterschiedlich interpretiert. Wichtig waren natürlich die Zwänge der Zeit, also der Kampf gegen die Triumvirn, die sich ihrerseits auf Münzen darstellen ließen [9]. Im Kontext des innerrömischen Konflikts wurde Brutus zudem vielleicht nicht erst auf den IMP-Prägungen (43/42 v.Chr.) im Osten, sondern bereits zuvor auf stadtrömischen Münzen des Servius Rufus (wohl 43 v.Chr.) als Identifikationsfigur dargestellt. [10]

Für die Aussage der EID MAR-Prägung ist natürlich der Kommunikationskontext entscheidend. Brutus hat bei seiner Münzprägung besonders die Erwartungshaltung seiner Truppen berücksichtigt, die einem konkreten Anführer folgte, nicht dem Phantom einer Verfassung. Aber selbst wenn er allein mit Rücksicht auf seine Legionen sein Bild auf die Münzen gesetzt hat, so liegt in diesem Zwang schon die ganze Fragwürdigkeit dessen, wofür die selbsternannten Republikaner kämpften. Auffällig ist zudem, dass der andere Anführer der Caesarmörder, Cassius, sein Porträt nicht auf Münzen setzte. Zeigt sich hier vielleicht eine andere, republikanischere Grundeinstellung, ja, war Cassius der „bessere Republikaner“? [11]

Die EID MAR-Münze wird damit jedenfalls jenseits der ursprünglichen Intention ihres antiken Prägeherrn für uns auch eine Quelle dafür, dass selbst derjenige, der dachte oder zumindest für sich in Anspruch nahm, er würde für die Republik kämpfen, sich bereits weit von dieser entfernt hatte.[12]


1.http://www.britishmuseum.org/research/collection_online/collection_object_details.aspx?objectId=1193352&partId=1..

2. Cass. Dio 44,4,4.

3. Ritter, H.W., Die Bedeutung des caesarischen Münzporträts, in: P. Kneissl, V. Losemann (Hrsgg.), Alte Geschichte und Wissenschaftsgeschichte. Festschrift für Karl Christ zum 65. Geburtstag, Darmstadt 1988, 374–392, hier: 39lf.

4. Woytek, B., Arma et nummi. Forschungen zur römischen Finanzgeschichte und Münzprägung der Jahre 49 bis 42 v. Chr., Österr. Akad. d. Wiss., Philosoph.-hist. Kl., Denkschriften 312, Wien 2003, 413.

5. Cassius Dio 47,25,3: „Neben diesen Unternehmungen her ließ Brutus auch Münzen schlagen und sein Bild und eine Freiheitsmütze mit zwei Dolchen darauf setzen, wodurch er und zugleich auch durch die Inschrift sagen wollte, dass er zusammen mit Cassius dem Vaterland die Freiheit verschafft habe.“

6. Umfassende Darstellung der Forschungskontroverse bei Bergmann, Birgit, Der Kranz des Kaisers. Genese und Bedeutung einer römischen Insignie, Image & Context 6, Berlin/New York 2010.

7. Woytek 2003, 439f.

8. Woytek 2003, 440 mit Anm. 571.

9. Mannsperger, D., ROM. ET AVG. Die Selbstdarstellung des Kaisertums in der römischen Reichsprägung, ANRW II,1, 1974, 919–996, hier: 931f.

10. Woytek 2003, 435-449.

11. Zitat nach Bleicken, J., Der Begriff der Freiheit in der letzten Phase der römischen Republik, HZ 195, 1962, 1–20, hier: 17; vgl. Cahn, H.A., EIDibus MARtiis, NumAntCl. 18, 1989, 211-233, hier: 225.

12. Mannsperger 1974, 932.